Unser Fünftwagen auf Ibiza...

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Spideristi
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Unser Fünftwagen auf Ibiza...

Beitrag von Spideristi »

Grad gefunden, Artikel aus der Süddeutschen Zeitung vom 14.08.1998:


RENAULTsport Spider


Vergessen Sie Ihren Ferrari, wenn Sie Aufsehen erregen wollen - dieser Wagen kann es besser


(SZ vom 14.08.1998) Die eine Kollegin attestierte dem Sport Spider einen Flirtfaktor in der Höhe von 200, während andere eher Ängste um die Bandscheiben des Schreibers hatten. Wohlmeinende offerierten Goretex-Jacken („die sind so schön atmungsaktiv“), Friseusen fragten mit leicht irritiertem Unterton nach dem Namen des Haarkünstlers, der als letzter die Locken gebändigt hatte – und die Neider in der Nachbarschaft hofften auf zwei Wochen Dauerregen.

Erkenntnis Nummer eins: Wer einen Renault Sport Spider fährt, leidet nicht unter Aufmerksamkeitsmangel – im Gegenteil: Motorradfahrer rechnen einen automatisch der eingeschworenen Bruderschaft der Zweiradartisten zu, während Porsche-Cabriolet-Fahrer (im besten Fall) wohlwollend nicken, ansonsten aber sauer sind, weil ihr rollender Stolz in Sekundenbruchteilen in einen Strudel des Vergessens und der Nichtbeachtung gerät.

Erkenntnis Nummer zwei: Mit diesem Roadster ist die Grenze zum Exhibitionismus weit überschritten – und man hat sich seiner Umwelt zu stellen. Verstecken wäre auch schlecht möglich, schließlich offeriert der spartanische Zweisitzer weder Dach noch Seitenscheiben. Auch die Frontscheibe, die den Orkan der Fahrtwinde nur bedingt bändigt, wird nur auf ausdrücklichen Wunsch (und gegen einen Aufpreis von 1400 Mark) für die Kleingeister angebautt, die dem sonst montierten flachen Windabweiser nicht trauen und dem Wunsch des Werks, doch besser mit Helm zu fahren, nicht Folge leisten mögen.

Erkenntnis Nummer drei: Die Beschränkung auf das absolut Nötige (ein Motor, zwei Sitze, vier Räder) reduziert nicht auch zwangsläufig den Einstiegspreis – 56 900 Mark verlangt der Händler, bevor der Sport Spider in die eigene Garage rollt, die Version mit der (empfehlenswerten) Frontscheibe kostet 58 300 Mark. Allerdings wird der Wagen in kleinsten Dosen und mit viel Handarbeit gefertigt – nur 1480 Exemplare wurden bisher gebaut, 400 davon rollen auf unseren Straßen. Und da die Produktion im Spätherbst dieses Jahres ausläuft, darf man davon ausgehen, daß die Preise eines Tages steigen werden – denn solche Exoten werden nur selten auf die Kunden losgelassen.

Was erwartet denn den Käufer nun – neben einer steten Aufmerksamkeit? Zuerst einmal ein unglaublich agiles Fahrzeug, denn hier haben die 108 kW (150 PS) des 2,0-Liter-Vierzylinders des Mégane Coach 2. 0 16V nur 930 Kilogramm zu beschleunigen.

Daraus folgt Erkenntnis Nummer vier: Wenig Gewicht und hervorragende Bremsen (aus der Renault Alpine A 610 Turbo) benötigen zusammen mit einem aus dem Rennsport abgeleiteten Fahrwerk nicht viel Leistung, um – in den Händen eines erfahrenen Fahrers – auf Landstraßen die Fahrfreude zu bieten, die sonst nur Motorräder vermitteln können.

Wenn der Fahrtwind zum Orkan wird

Auf Autobahnen ist der Sport Spider hingegen nicht so zu Hause – weniger von der reinen Geschwindigkeit her (die vom Werk versprochenen 215 km/h reichen allemal aus), sondern eher wegen der Erkenntnis, daß sich die Qualitäten des ausgezeichneten – wenn auch ziemlich harten – Fahrwerks eher auf kurvigen Strecken zeigen. Dazu kommt, daß sich der nahezu ungebremste Fahrtwind bei steigender Geschwindigkeit vom Lüftlein zum Orkan verwandelt und so als Geschwindigkeits-Regulativ wirkt.

Bleibt die Frage: Wozu ist dieses Auto gut? Antwort: Um bei einer stabilen Hochdrucklage eine Ausfahrt ins Grüne zu unternehmen, die – dank eines winzigen Kofferraums unter der Fronthaube – auch ein Wochenende dauern kann. Dazu beglückt es extrovertierte Menschen mit einem hohen Maß an Aufmerksamkeit und wohlwollendem Interesse. Aber alles, was ein Auto sonst können muß, ist diesem Wagen zutiefst fremd: Man kann weder Lebensmittel noch die Schwiegermutter befördern – und bei dem in unseren Breitengraden typischen Wetter ist der Sport Spider sowieso zumeist zur Untätigkeit verdammt.

Erkenntnis Nummer fünf: Der Renault Sport Spider sollte nur als Fünftwagen mit einer Wohnung in St. Tropez oder einer Finca auf Ibiza verkauft werden. Ein Tip, den man vielleicht einmal Renault verraten sollte.

Von Jürgen Lewandowski
Markus

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Re: Unser Fünftwagen auf Ibiza...

Beitrag von Spideristi »

...und noch ein Artikel aus der Süddeutschen Zeitung, diesmal wohl vom 07.05.1997:


Renault Sport Spider

Pflicht für den Puristen


(SZ vom 07.05.1997) Im Jahre 1996 überraschte Renault mit einer offenen Fahrmaschine, die für den Rennsport konzipiert ist, aber mit Einzelabnahme des TÜV auch auf öffentlichen Straßen bewegt werden darf. Sie trägt den Allerweltsnamen Sport Spider und verzichtet auf nahezu alles, was das Leben im Auto lebenswert macht. Servolenkung, Servobremse, Heizung, Lüftung, ein Dach, ja, sogar eine Windschutzscheibe scheinen die Konstrukteure vergessen zu haben. Was manche ahnen und nur die Fans wirklich wissen: Renault hat es so gewollt.

Die Windschutzscheibe reicht Renault nun in einer homologierten Straßenversion nach. Sie trägt eingearbeitete Heizdrähte und schützt die beiden Passagiere, die bisher unbedingt einen Vollvisierhelm tragen mußten, vor Insekten und Rollsplitt. Ohne Helm wird das Fahren im Scheiben-Spider zu einem Fest für Exhibitionisten: Menschen im Kindergartenalter zeigen ungeniert herüber, und erwachsene Menschen fragen nach, ob dieses halbfertige Auto von der Produktionsstraße eines Automobilwerks gesprungen sei. Noch immer fehlt alles, was nicht unmittelbar dem Fahren dient – außer der Frontscheibe und den beiden seitlichen Dreiecksfenstern, die fest auf den Türrahmen montiert sind. Sie bieten minimalen Schutz vor seitlichen Verwirrbelungen und schaffen die Illusion, einem späteren Nierenleiden vorzubeugen.

Wer sich mit der Abwesenheit jeglichen Komforts arrangiert, mit einem Überrollbügel zufrieden gibt und auf das Fahrerlebnis konzentriert, fühlt sich erinnert an die knackige Schaltung britischer Roadster aus den sechziger Jahren, an die spartanische Ausstattung früher Porsche, aber auch an die Direktheit eines Sportwagens der Neuzeit, mit dem er ein wesentliches Bauprinzip teilt. Schwenkt man die vorne angeschlagenen Türen des Sport Spider nach oben, blickt man auf die gleiche Aluminium-Rahmenkonstruktion, die auch der kleine Lotus Elise besitzt. Für beide Modelle entwickelte der dänische Spezialist Hydro-Aluminium die tragende Basis.

Renault ergänzt sie mit rundum einzeln aufgehängten Rädern an Dreiecksquerlenkern. Vor der angetriebenen Hinterachse liegt quer der 2,0-Liter-16V-Motor aus dem Mégane. Ihm angeflanscht wird das kurz abgestufte Getriebe aus dem Clio Williams. Der Motor leistet unverändert 110 kW (150 PS), beschleunigt den nur 930 Kilogramm leichten Spider in nur 6,9 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h. Wer es darauf anlegt, erreicht die Höchstgeschwindigkeit bei 215 km/h, sollte aber damit rechnen, völlig zu vereinsamen. Denn außer dem Spider hört und fühlt man bei dieser Geschwindigkeit nichts. Selbst die Zurufe des Beifahrers können sich nicht gegen Windgeräusche durchsetzen. Dazu schüttelt der Spider den Piloten gnadenlos durch, folgt im Gegenzug aber dessen kleinsten Lenkbewegungen wie ein Kart. Im vergangenen Jahr griffen in Deutschland 130 unerschrockene Menschen zum Sport Spider ohne Scheibe. Dafür bezahlten sie 53 700 Mark. In diesem Jahr werden es voraussichtlich 100 sein und weitere 50 Fans, die zum Scheiben-Spider greifen, der 55 400 Mark kosten wird. Jeder, der heute bestellt, sollte mit einer Lieferzeit von mindestens sechs Monaten rechnen.

Von Jürgen Zöllter


Quelle & Link: www.sueddeutsche.de
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